Abmahnung wegen Verstoß gegen DSGVO

Seit dem Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 erscheinen immer wieder Meldungen von Ärzten, die wegen des Verstoßes gegen die neuen Datenschutzbestimmungen abgemahnt wurden. Schon Monate zuvor hatten Rechtsexperten davor gewarnt, dass die neuen Datenschutzrichtlinien zur kostenpflichtigen Abmahnung von Konkurrenten eingesetzt werden könnten. Wenn auch die befürchtete Welle der Massenabmahnungen bislang ausblieb, haben die Fälle der letzten Wochen eine rege politische Debatte hervorgebracht, ob den DSGVO-Abmahnungen ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben werden sollte.

 

Die Abmahnung stellt im Zuge der Verfolgung von Datenschutzverstößen eine Variante dar, die es u.a. gewerblichen Unternehmern aus dem Gesundheitswesen ermöglicht, gegen Konkurrenzunternehmen wegen Verstößen gegen die DSGVO vorzugehen. Für den Abmahnungsberechtigten kann mit diesem Vorgehen im Erfolgsfalle die Einstellung des wettbewerbsrechtlichen Verstoßes und eine Gleichstellung im Wettbewerb verbunden sein. Ebenso kann bei einem erfolgreichen Vorgehen ein Ersatz der entstandenen Anwalts- und ggf. Gerichtskosten vom Verletzer erfolgen. Kommt es doch zum Gerichtsverfahren können die Kosten schnell in ungeahnte Höhen steigen und der Datenschutzverstoß dem Unternehmen teuer zu stehen kommen.

 

 

Die wettbewerbsrechtliche Abmahnung
Im wettbewerbsrechtlichen Sinn ist eine Abmahnung kurzgefasst, die Feststellung einer wettbewerbswidrigen Handlung verbunden mit der Aufforderung, eine strafbewährte Unterlassungserklärung abzugeben. Die unlautere Handlung ist dabei der Vorteil, der dem Abgemahnten durch die Missachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen gegenüber seinen Konkurrenten entsteht. Denn dieser spare z.B. die Kosten (Beratungs- und Zeitaufwand), welche die Anpassung an die neuen Vorschriften der DSGVO mit sich bringt.

Umstritten ist jedoch seither, ob datenschutzrechtliche Verstöße überhaupt in den Regelungsbereich des Wettbewerbsrechts fallen. Dieselbe Frage stellt sich somit auch in Hinsicht auf die DSGVO und ist bislang nicht abschließend geklärt. Nichtsdestotrotz sind DSGVO-Abmahnungen nicht zwangsläufig unrechtmäßig. Die bestehenden Unsicherheiten machen es vielmehr erforderlich, dass die Berechtigung solcher Abmahnungen im Einzelfall anwaltlich- oder sodann ggf. gerichtlich geprüft wird.

 

 

Typische DSGVO-Verstöße
Typische Verstöße gegen die Datenschutzbestimmungen der DSVGO, die eine Abmahnung zur Folge haben können, sind zum Beispiel:

 

• Mangelnde oder gar fehlende Datenschutzinformationen (Art. 12)
• Erhebung oder Nutzung von personenbezogenen Daten, ohne Einwilligung der Betroffenen (Art. 7)
• Fehlerhafte Einwilligung (Art. 6 Abs. 1: Zweckgebundenheit, Art. 7 Abs. 2: Transparenz, Art. 7 Abs. 4 Freiwilligkeit, Art. 7 Abs. 3 Widerruflichkeit)
• Keine Bestellung eines Datenschutzbeauftragten (Art. 37 ff.)

 

 

Wer kann wen abmahnen?
Von diesen Entwicklungen besonders betroffen sind insbesondere kleinere Unternehmen, wie Arztpraxen, Apotheken etc., die mit der Umsetzung der komplexen Neuerungen der DSGVO herausgefordert sind. Zumal birgt die gerichtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Abmahnung die Gefahr, dass die Prozesskosten die ursprüngliche Mahngebühr bei weitem übersteigen und im Falle einer gerichtlichen Niederlage vom Unternehmen zu entrichten sind, was besonders kleine Unternehmen unter Druck setzen kann.

 

Als Abmahnende kommen derweilen gleich mehrere Personen in Betracht. Auf Grundlage des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) sind zunächst nur Abmahnungen durch private Unternehmen möglich. Meistens handelt es sich dabei um Konkurrenten des abgemahnten Unternehmens. Die Kosten für anschließende Gerichtsverfahren stellen jedoch auch für den Abmahnenden ein Risiko dar, muss er diese doch ebenfalls im Falle einer Niederlage tragen. Doch auch Wettbewerbsverbände kommen als mögliche Anspruchsberechtigte in Betracht. Diese Verbände verfolgen den Gesetzeszweck (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) des Schutzes eines freien und fairen Wettbewerbs und haben daher ein besonderes Interesse an der Feststellung von wettbewerbsrechtlichen Verstößen. Erweitert wird der Kreis der zur Abmahnung berechtigten Personen zusätzlich durch das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG), auf Grundlage dessen auch Verbraucher sowie Verbraucherverbände Abmahnungen bei Datenschutzverstößen aussprechen können.

 

 

Kriterien einer rechtmäßigen Abmahnung
Die Rechtmäßigkeit einer Abmahnung setzt in erster Linie einen tatsächlichen datenschutzrechtlichen Verstoß voraus. Aufgrund der hierzu bestehenden Unsicherheiten muss die Berechtigung einer Abmahnung im Einzelfall geprüft werden. Dennoch gibt es einige formale Kriterien, die zur Prüfung der Rechtsmäßigkeit einer Abmahnung herangezogen werden können:

 

• Berechtigung des Abmahnenden
Zunächst muss der Abmahnende überhaupt dazu berechtigt sein, eine Abmahnung vornehmen zu dürfen. Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist derweilen nur zulässig, wenn es sich bei den Parteien um Mitbewerber gem. § 2 Abs. 3 UWG handelt, das heißt sie müssen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen. Zudem muss der Abmahnungsempfänger die Berechtigung des Abmahnenden erkennen können. Ist dies nicht der Fall, hat der Betroffene die Möglichkeit, sich beim Abmahnenden Informationen über dessen Berechtigung einzuholen.

 

• Vorwurf ausreichend bestimmt
Der Vorwurf, also der ermahnte Verstoß, muss konkret benannt und hinreichend begründet werden. Allgemeine oder vage Behauptungen sind unzureichend. Vielmehr muss die konkrete Verletzungshandlung bezeichnet werden, damit der Verletzer auch entsprechende Maßnahmen zur Behebung ergreifen kann.

 

• Aufforderung zur Unterlassung innerhalb einer gesetzten Frist
Des Weiteren muss die Abmahnung eine Frist enthalten, in welcher der gerügte Datenschutzverstoß eingestellt und die Unterlassungserklärung (s.u.) abgegeben werden muss. Allerdings muss die Frist laut der Rechtsprechung „angemessen“ sein, was jedoch regelmäßig auch bei Fristen von einer Woche bejaht wird.

 

Meistens wird der Abgemahnte zudem aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, auch wenn diese keine zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Abmahnung darstellt. Gegenstand einer solchen Erklärung ist die Verpflichtung, das abgemahnte Verhalten in Zukunft zu unterlassen und bei einem Verstoß, d.h. sollte sich das Verhalten doch wiederholen, eine im Ermessen des Gläubigers stehende Vertragsstrafe zu zahlen. Die strafbewährte Unterlassungserklärung liegt der Abmahnung häufig als Vorlage bei, das ist jedoch keine Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Abmahnung. In jedem Fall sollte eine Unterlassungserklärung nicht ohne vorherige anwaltliche Prüfung unterzeichnet oder eigenständig geändert werden. Denn auffällig ist, dass Abmahnende aus nachvollziehbaren Gründen versuchen, eine Untersagungsregelung so weit und offen wie möglich zu formulieren, sodass es an dem Schuldner/Abgemahnten liegt, hier eine entsprechende Modifizierung vorzunehmen.

 

• Androhung gerichtlicher Schritte
Schließlich muss die Abmahnung die Konsequenzen benennen, die drohen, sollte das gerügte Verhalten nicht eingestellt bzw. keine Unterlassungserklärung abgegeben werden. Regelmäßig wird mit der Einleitung gerichtlicher Schritte gedroht.

 

 

Was Sie im Falle einer Abmahnung tun sollten und was besser nicht:

 

• Zunächst gilt: Ist der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt, sollte diese in der Regel nicht ohne vorherige anwaltliche Prüfung unterzeichnet werden. Häufig sind diese Erklärungen unnötig weit formuliert, wie oben dargelegt. Zudem führt die Unterzeichnung der Erklärung zur Entstehung eines Anspruchs der Gegenseite, ohne das sicher ist, dass die Abmahnung vor Gericht Bestand hätte. Besonders aufgrund der fortwährenden Unsicherheiten hinsichtlich der Rechtmäßigkeit solcher Abmahnungen ist eine anwaltliche Beratung zu empfehlen, in der über das weitere Vorgehen und über die Gewinnaussichten vor Gericht beraten werden kann.

 

• Auf eine eigenständige Verfassung oder Änderung einer Unterlassungserklärung sollte ebenso verzichtet werden, da auch hier das Risiko besteht, mehr Zugeständnisse abzugeben als erforderlich.

 

• Die Abmahnung sollte jedoch genauso wenig einfach ignoriert oder die Frist nicht eingehalten werden. In beiden Fällen droht zusätzlich eine einstweilige Verfügung, welche weitere Kosten- und Arbeitsaufwand verursacht.

 

• Zudem sollten Sie aufpassen keine Handlungen vorzunehmen, die als Schuldeingeständnis gewertet werden und Ihre späteren Chancen vor Gericht beeinträchtigen könnten. Hierzu gehören insbesondere die Zahlung von Teilbeträgen oder die voreilige Abgabe von modifizierten ungeprüften Unterlassungserklärungen.

 

 

Warinka Röschmann
Dr. Katja Paps (Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht)
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