OLG- Urteil zu den Anforderungen an ein ärztliches Aufklärungsgespräch (Az: 5 U 43/08)
Häufig erfolgt eine ärztliche Aufklärung anhand eines sogenannten Perimed- Bogens. Das OLG Oldenburg hat in seinem Urteil vom 27.02.2009 (Az: 5 U 43/08) entschieden, dass eine solche Aufklärung ein persönliches Gespräch nicht ersetzt und damit den Anforderungen an ein ärztliches Aufklärungsgespräch nicht standhält. Dem Rechtsstreit lag eine vorgenommene Koloskopie zugrunde, über die der Patient nur mittels eines Perimed- Bogens und dem Zusatz „ggf. mit endoskopischer Resektion (Polypektomie/ Mukosektomie)“ aufgeklärt wurde. Im Verlauf des Eingriffs kam es zu Komplikationen mit der Folge, dass der Patient sich weiteren Operationen unterziehen musste und ein künstlicher Darmausgang gelegt werden musst. Der Patient beanspruchte nunmehr von dem Arzt ein Schmerzensgeld in Höhe von 70.000 €, welches vom Gericht als angemessen erachtet und dem Patienten voll zugesprochen wurde. Unabhängig vom Vorliegens eines etwaigen Behandlungsfehlers hat das Gericht dem Patienten einen Anspruch auf Schmerzensgeld gemäß den §§ 280, 249, 253 BGB bzw. §§ 823 Abs.1, 249, 253 BGB zuerkannt, weil die Einwilligung in den Eingriff allein durch den Perimed-Bogen unwirksam und insbesondere keine hinreichende Grundlage für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten schafft. Da der Arzt nicht davon ausgehen kann, dass der Patient den Inhalt des Aufklärungsbogens tatsächlich gelesen und zur Kenntnis genommen hat, stellt das Gericht fest, dass der Aufklärungsbogen zwar ein Indiz dafür ist, dass die Aufklärung nach Maßgabe der schriftlichen Bestätigung stattgefunden hat; ersetzt jedoch nicht das erforderliche mündliche Gespräch. Da der Arzt insofern beweisbelastet ist, geht ein mangelnder Nachweis zu seinen Lasten. Mangels wirksamer Einwilligung liegt dann ein rechtswidriger Eingriff vor. Diesem kann der Arzt nur noch durch den Vortrag einer mutmaßlichen Einwilligung entgegenwirken, da ein Haftung des Arztes dann ausscheidet, wenn sich der Aufklärungsmangel im Ergebnis nicht ausgewirkt hat und sich der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung für den Eingriff entschieden hätte. Diesen Einwand muss der Arzt bereits in der 1.Instanz erheben, wenn im Verfahrensverlauf in Betracht zu ziehen ist, dass eine Verurteilung auf eine unzureichende oder nicht erfolgte Aufklärung gestützt wird. Da ein solcher Vortrag durch den Arzt in dieser Sache erst in 2.Instanz und damit verspätet erfolgte, wurde der Berufung des Patienten als begründet erachtet. Die Klage hatte -ohne Berücksichtigung der Frage, ob dem behandelnden Arzt ein Behandlungsfehler unterlaufen ist- Erfolg, weil der Arzt nicht beweisen konnte, den Patienten ordnungsgemäß aufgeklärt zu haben. Die Aufklärung anhand eines Perimed- Bogens begründete keine wirksame Einwilligung des Patienten.
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