Zielvereinbarungen bei Chefärzten

Zielvereinbarungen bei Chefärzten unterliegen bei der Vertragsgestaltung besonderen Anforderungen. Bereits § 136a SGB V stellt klar, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) von Gesetzes wegen die Förderung der Qualität der Versorgung in Krankenhäusern auch bzgl. Zielvereinbarungen sicher stellen muss.
 
Besonders im Blickpunkt steht dabei Regelungen bei Zielvereinbarungen mit u.a. Chefärzten, die finanzielle Anreize für gesonderte ärztliche Leistungen erhalten. § 136 a SGB V besagt:
 
„Die Deutsche Krankenhausgesellschaft fördert im Rahmen ihrer Aufgaben die Qualität der Versorgung im Krankenhaus. Sie hat in ihren Beratungs- und Formulierungshilfen für Verträge der Krankenhäuser mit leitenden Ärzten bis spätestens zum 30. April 2013 im Einvernehmen mit der Bundesärztekammer Empfehlungen abzugeben, die sicherstellen, dass Zielvereinbarungen, die auf finanzielle Anreize bei einzelnen Leistungen abstellen, ausgeschlossen sind. Die Empfehlungen sollen insbesondere die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen sichern.“
 
Zwar handelt es sich „nur“ um Empfehlungen, jedoch sollten diese Vorgaben bei der Vertragsgestaltung streng beachtet werden, um die unten beschrieben Verpflichtungen im Fall von Missachtungen zu vermeiden. Die Eckpunkte dazu hat die DKG auf folgende Grundlagen bei der anzuwenden Vertragsgestaltung gestützt. Kernpunkt der Regelung ist die Vermeidung, dass Chefärzte finanzielle Anreize erhalten, die sich an der Anzahl der durchgeführten Operationen oder sonstigen Eingriffe orientiert. Der Chefarzt soll dadurch nicht in den Zwiespalt gelangen, sich bei seinen medizinischen Entscheidung zwischen seinem Eigeninteresse der Zielerreichung oder dem tatsächlich medizinisch notwendigen Weg entscheiden zu müssen oder in Zweifelsfällen gar gelenkt zu werden. Kurz gesagt: Dass Wohl der Patienten und die Versorgung der Bevölkerung mit medizinisch notwendigen Leistungen muss stets im Vordergrund stehen und darf nicht durch finanzielle Anreise der Ärzte verwässert werden. So sieht dies auch § 23 Abs. 2 MBO-Ä vor:
 
(2) Auch in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis darf eine Ärztin oder ein Arzt eine Vergütung für ihre oder seine ärztliche Tätigkeit nicht dahingehend vereinbaren, dass die Vergütung die Ärztin oder den Arzt in der Unabhängigkeit ihrer oder seiner medizinischen Entscheidungen beeinträchtigt.
 
Anreize müssen die Krankenhäusern somit mit anderen Gesichtspunkten als Grundlagen der Zielabsprachen mit ihren Chefärzten setzen. Diese können z.B. mit ökonomischen Inhalten versehen sein. Klicken Sie dazu und zu den Gestaltungsvarianten auf: Variable Vergütung Ob die Vertragsparteien bei Nichtbeachtung dieser Empfehlungen grundsätzlich eine unwirksame Zielvereinbarung auf arbeitsrechtlicher Ebene vereinbart haben, mag bezweifelt werden. Jedoch sind Krankenhäuser zukünftig zum Nachweis verpflichtet, ob es diese Empfehlungen bei der jeweiligen Vertragsgestaltung mit den Ärzten eingehalten hat. Kann dieser Nachweis vom Krankenhaus nicht erbracht werden, muss es im Qualitätsbericht darüber informieren, für welche konkreten Leistungen leistungsbezogene Zielvereinbarungen Ob diese Empfehlungen tatsächlich wesentliche Änderungen in der Gestaltung der Zielvereinbarungen in Chefarztverträgen oder z.B. auch bei Oberärzten mit sich bringen, kann bezweifelt werden. So geht bereits aus der Formulierung in den Empfehlungen eine juristisch relevante Öffnung hervorr, wonach die Rede ist von „einzelne Operationen / Eingriffe“ sollen nicht mit finanziellen Anreizen versehen werden. Juristisch muss dies nicht zwansgläufig heißen, dass Zielvereinbarung für eine gewisse Budget-/Umsatzleistung des Arztes ausgeschlossen sein müssen. Ob somit wirklich die beabsichtigte umfangreiche Vermeidung der finanziellen Anreize in Zielvereinbarungen zum Nachteil des Patienten in Chefarztverträgen ausgeschlossen wird, kann bezweifelt werden.
 
Jedoch ist jedes Krankenhaus und jeder Arzt gut beraten, die in den Empfehlungen enthaltenen Grundsätze bei der Vertragsgestaltung zu beachten, um zweifelhafte Vertragskonstrukte nicht einer späterer ggf. gerichtlich erfolgenden Überprüfung unterziehen zu müssen. Beiden Seiten stehen viele Möglichkeiten offen, Zielvereinbarungen sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus medizinischer Sicht zielführend und motivierend zu gestalten.
 
 
Tim Reichelt Fachanwalt für Arbeitsrecht Gewerblicher Rechtsschutz

Tim Reichelt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Gewerblicher Rechtsschutz

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