Nur sichere Praxisverträge haben eine Zukunft

Traditionell wurden die Verträge in Arztpraxen nicht abschließend ernst genommen. KV-Muster, handschriftliche Abkommen oder sogar nur mündliche Absprachen waren dabei keine Seltenheit. Die Rechtslage wurde dabei häufig von einem Gemeinschaftsgedanken getragen und weniger von Rechtsprechung und Gesetzgeber. Was der Kollege machte, konnte so falsch ja nicht sein. Wurde hier und da eine arztrechtliche Bestimmung überschritten, musste es sich um ein Kavaliersdelikt handeln, wenn es mindestens zwei andere Kollegen auch so hielten. So wurden auf dieser Basis hier und da Praxisgemeinschaften mit unzulässiger Gewinnteilung oder abrechnungsoptimierte Scheingesellschaften aufgebaut. Die aktuellen Entwicklungen zeigen jedoch, dass diese Vorgehensweise nicht mehr länger haltbar und nicht einmal mehr sinnvoll sind. So mussten einige Praxisgemeinschaften oder andere Kooperationen, die der KV nicht offiziell bekannt gegeben werden konnten, feststellen, dass bei Versterben oder Erkranken eines der Beteiligten plötzlich gar keine Rechtssicherheit mehr vorhanden ist. Hat eine Praxisgemeinschaft faktisch eine Gemeinschaftspraxis gelebt, kommt bei dem Ausfall eines Partners plötzlich das böse Erwachen. Die Privilegierung der Sitznachfolge nach § 103 Abs. 6 SGB V kann nur in einer offiziellen und rechtmäßigen Gemeinschaftspraxis oder BAG berücksichtigt werden. Hat man diese jedoch raffiniert wegen ein paar Euro umgangen, fällt der Sitz womöglich einem völlig Fremden zu, der darüber hinaus vielleicht auch gar kein Verständnis für die pfiffigen, aber leider unzulässigen Gestaltungen hat und die Kooperation in der alten Form nicht weiterführen möchte. Außerdem ist an den Wert der Praxis bei Übergabe zu denken. Der Handel mit Arztpraxen hat nicht nur angezogen, sondern ist auch professioneller geworden. Hier spielen inzwischen auch Kliniken und sonstige Beteiligte mit. Kein Käufer wird sich heute erklären lassen, dass die zu kaufende Praxis sehr raffiniert, aber leider unzulässig / rechtswidrig wirtschaftet. Jeder zukunftsorientierte Käufer wird die Finger von so einer Praxis lassen. Der Wert dieser Praxis sinkt drastisch. Es spricht nichts gegen geschickte und lukrative Gestaltungen bei der Praxiskooperation. Unzulässiges Zusammenarbeiten, wie Zuweisung gegen Entgelt, Gewinnpooling bei Praxisgemeinschaften oder Abrechnungsbetrug sind unter der dynamischen Entwicklung des Ärztemarktes nicht nur gefährlich, sondern langfristig auch vorhersehbar nicht lohnenswert. Zudem riskiert jeder Arzt berufsrechtliche Sanktionen und erhebliche Regresse!

Dr. Katja Held Fachanwältin für Medizinrecht

Dr. Katja Held
Fachanwältin für Medizinrecht

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