Entwurf GKV-Versorgungsstärkungsgesetz

Keine Nachbesetzung von Arztsitzen bei Überversorgung nach dem Entwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes

Im März 2015 fand die Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages zu dem neu geplanten Entwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes statt. Im Mittelpunkt der Diskussionen um den Entwurf des Gesetzes stand auch hier die Verpflichtung der Zulassungsausschüsse Vertragsarztzulassungen dann nicht mehr nachzubesetzen, wenn eine Region formal einen Versorgungsgrad von mehr als 110 Prozent aufweist. Die Regelung um die Streichung des Ermessens (bisher ist in § 103 Absatz 3a SGB V die Formulierung „kann“) gewählt im Hinblick auf die Nachbesetzung durch die Zulassungsausschüsse ist eine der wesentlichen Änderungen, die durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz eingefügt werden soll.

 

Für die Ärzte in Hamburg hätte diese Regelung eine massive Auswirkung, da in Hamburg der Versorgungsgrad in nahezu allen Fachbereichen einen Versorgungsgrad von mehr als 110 Prozent aufweist. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der „Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens“ gemäß § 103 Absatz 3a SGB V durch den Zulassungsausschuss mit Zustimmung der KV bei Versorgungsgrad über 110 Prozent abzulehnen ist.

 

Einige wenige Ausnahmen bei Anstellung oder gemeinschaftlicher Berufsausübung sind in dem Gesetzesentwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetz formuliert. Die Standesvereinigungen, allen voran die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) kritisieren diese Regelung in dem Entwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes scharf – aber am Ende höchstwahrscheinlich ohne Erfolg. Derzeit ist nicht absehbar, dass die Regelung aus dem Entwurf des Gesetzestextes zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz gestrichen oder angepasst wird. Diese Entwicklungen müssen Praxen möglichst schon heute bei der Erweiterung berücksichtigen. Möglicherweise sind nach Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes Praxen mit Vertragsarztzulassungen in überversorgten Gebieten nicht mehr nachzubesetzen. Gleiches gilt für Vertragsärzte oder Psychotherapeuten, die Überlegungen anstrengen, ob sie auf eine hälftige vertragsärztliche Zulassung verzichten sollen. Auch in diesem Falle ist ein Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens zu stellen – und auch dieser würde nach den neuen Regelungen Stand heute abzulehnen sein, wenn Überversorgung vorliegt. Der Entwurf über das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz hat keine Regelungen dazu getroffen, dass hiervon auch der „Verzicht zugunsten der Anstellung bei einem Vertragsarzt / MVZ“ gemäß § 103 Absatz 4a, 4b SGB V betroffen sein soll. Da in diesen Fällen bereit kein „Antrag auf Durchführung der Nachbesetzung“ gestellt wird, dürfte sich an dieser Praxis der Weitergabe von Vertragsarztzulassungen nichts ändern.

 

Politisch wird diskutiert, ob die Bedarfsplanung, nach der der Grad der Überversorgung festgelegt ist, überhaupt zulänglich ist. Diese Frage wird sicherlich nicht mehr im Vorfeld zu dem Entwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes angetastet – eine neue Bedarfsplanung wäre wünschenswert, wird aber nicht eintreten. Schlussendlich bleibt die Frage der Finanzierung für den Ausgleich der Verkehrswerte der Praxen, die nicht nachbesetzt werden, offen. Diese Frage wird in der politischen Diskussion des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes ausgeblendet. Schlussendlich ist jedem niedergelassenen Arzt oder Psychotherapeuten, der sich kurzfristig mit der Praxisabgabe bzw. dem Verzicht auf eine hälftige Zulassung beschäftigt anzuraten, den Entwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes ernst zu nehmen und den Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens rechtzeitig – vor Inkrafttreten neuer gesetzlicher Regelungen – zu stellen.

 

Dr. Katja Held Fachanwältin für Medizinrecht

Dr. Katja Held
Fachanwältin für Medizinrecht

       

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