Werbung im Gesundheitswesen für Ärzte und Zahnärzte – hier OLG Frankfurt am Main bzgl. „perfekte Zähne“

OLG Frankfurt urteilt: (Zahn-) ärztliche Werbung für „perfekte Zähne“ unzulässig

In dem der Entscheidung (OLG Frankfurt/M., Urteil vom 27.02.2020 – 6 U 219/19 (LG Frankfurt – 3-8 O 68/19)) zugrundeliegenden Rechtsstreit stritten die Parteien, bei denen es sich um Wettbewerber handelt, um die Zulässigkeit der folgenden Werbeaussage:

„Ilovemysmile ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekte Zähne haben möchten. Sie sehen sofort beim ersten Termin, welche Ergebnisse Sie innerhalb von 6 Monaten erreichen können.“

Das OLG Frankfurt am Main, das als Berufungsinstanz zu entscheiden hatte, sah in dieser Werbeaussage ein unzulässiges Erfolgsversprechen i.S.d. § 3 Nr. 2 a) Heilmittelwerbegesetz (HWG).

Danach liegt eine unzulässige irreführende Werbung insbesondere dann vor, wenn durch sie fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg (z.B. der Behandlung) mit Sicherheit erwartet werden kann.

Hinter der Regelung in Nr. 2a) steht der Gedanke, dass es aufgrund individueller Dispositionen beim einzelnen Patienten und variierenden Erscheinungsformen von Krankheiten stets zu einem Therapieversagen kommen kann, mit dem eine Erfolgsgarantie unvereinbar ist (BVerwG NJW 1994, 2433 (2435)).

Das OLG Frankfurt hat nun entschieden:

  1. Ein unzulässiges Erfolgsversprechen nach § 3 S. 1 Nr. 2a HWG kann auch dann vorliegen, wenn die beworbene Werbung (hier: perfekte Zähne) zwar nicht vollständig objektivierbar ist, ihr jedoch jedenfalls ein objektiver Tatsachenkern zu entnehmen ist.
  • Der Verbraucher ist bei Werbeaussagen von Ärzten aufgrund deren Heilauftrages wenig geneigt, von reklamehaften Übertreibungen auszugehen.

(amtliche Leitsätze)

Die Vorinstanz hatte die Angabe „perfekte Zähne“ noch als rein subjektives Werturteil eingeordnet. Zu Unrecht, so das OLG. Es gehe in der Werbung um die Korrektur von Zahlfehlstellungen. Ob Zähne gerade sind oder nicht, lasse sich durchaus objektiv beurteilen.

Besonders bemerkenswert ist dabei für (Zahn-) Ärztinnen und Ärzte bzw. Arztpraxen aber vor allem der zweite Leitsatz und die Ausführungen des Gerichts hierzu.

Während reklamehafte Übertreibungen und reine Werturteile nach der Rechtsprechung eigentlich nicht dem sogenannten Irreführungsverbot unterfallen, weil Verbrauchern geläufig ist, dass Superlative in der Werbung oft nur als Anpreisungen, nicht aber als Tatsachenbehauptungen verwendet werden (BGH, Urteil vom 3. 5. 2001 – I ZR 318/98 (Hamburg) Das Beste jeden Morgen, GRUR 2002, 182), könne das bei Werbeauftritten von Ärztinnen und Ärzten bzw. Arztpraxen nicht gelten, so das Gericht. Bei Werbemaßnahmen und Internetauftritten von Ärztinnen und Ärzten bestehe eine andere Verkehrserwartung als bei Werbemaßnahmen „normaler“ Unternehmer. Der Verbraucher bringe Ärztinnen und Ärzten aufgrund ihres Heilauftrags ein besonderes Vertrauen entgegen und gehe daher von einer gewissen Objektivität und Zurückhaltung bei ihren Werbeangaben aus. Er messe ihren Angaben eine gewisse Autorität zu und sei daher weniger geneigt, von einer bloßen reklamehaften Übertreibung auszugehen. Er nehme die Angaben im Zweifel ernst.

Die Entscheidung zeigt, dass Ärztinnen und Ärzte zwar durchaus werben dürfen, dabei aber die berufs- und wettbewerbsrechtlich vorgegebenen Grenzen zu beachten haben. Neuen Werbemaßnahmen, etwa auch im Bereich Social Media und Influencer-Marketing, sollte daher immer eine rechtliche Prüfung vorausgehen. Oftmals genügen kleinere Änderungen, um das Risiko, in unzulässiger Form zu werben, deutlich zu reduzieren.

Rechtsanwalt Felix Hermann

fh@medizinanwalt.de

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